Serie für den Natur- und Gartenfreund

Schwarzkittel im Wald

von Marianne Schäfer

Ein milder Winter ist uns in diesem Jahr beschert. Uns? Ja, denn es sind auch die Tiere in unseren Wäldern mit einbezogen. Die größten und wehrhaftesten Tiere in unseren Wäldern sind die Wildschweine. Es sind Jahrzehnte vergangen, seit die ersten Schwarzkittel aus Polen, über die vereiste Oder zu uns kamen.

Wer erinnert sich noch an den damaligen Revierförster Heinz Klahr? Damals fand er in seinem Fahlenberger Revier einen kränklichen Frischling. Mit einer kleinen Milchflasche und Nuckel zog er den Findling auf. Dann bekam er schon etwas Brei und bald auch etwas Artgerechtes zwischen die kleinen Zähnchen. Später wurde im Forstgarten ein stabiles Gatter gebaut, groß und auch mit genug Waldboden zum Wühlen. Hier wuchs und lebte nun "Susi", das Wildschwein. Sie wurde groß und stark und der Revierförster hatte seine Freude an ihr.

Inzwischen wurde Susi bekannt wie ein bunter Hund. Viele Müggelheimer wussten von dem prächtigen Wildschwein, sie wurde beinahe zu einer Attraktion. Eines Tages war sie auf einmal nicht mehr da und man munkelte, die Russen hätten sie geholt. "Klährchen", so wurde er von den Jugendlichen genannt, die dort in einer Arbeitsgruppe tätig waren, ist schon lange nicht mehr Revierförster in Fahlenberg. Aber durch diese kleine Susi-Geschichte denkt man noch mal an ihn.

Dann kamen die Jahre, in denen die Schwarzkittel unseren Ort stürmten. Kaum ein Gartenbesitzer war von den nächtlichen Wildschwein-Besuchen nicht betroffen. Fassungslos musste man am Morgen den zerwühlten Garten betrachten. Rasenflächen und Blumenbeete, alles war nicht mehr so wie zuvor. Krokus, Tulpen, Tobinambur und andere nahrhafte Knollen verschwanden in den Mägen der Schwarzkittel. Erst jetzt begriffen wir, dass die Einfriedungen "wildschweinsicher" sein mussten.

Vielleicht war die zutrauliche "Susi" die Anregung, selbst auch Wildschweine vertraut zu machen. Überall bekamen die Sauen mit den Frischlingen Brot, Kartoffelschalen, Äpfel, Schrippen und Küchenabfälle. Das Problem der Gartenzaundurchbrüche wurde immer schlimmer. Dann wurde das Füttern total verboten und das war auch gut so! Jäger und Heger sorgen in ihren Revieren für die Tiere. Wildschweine sind schlau, schnell haben sie begriffen, die Zeiten, wo sie in den Gärten fressen und schlafen konnten, ist vorbei! Nun leben sie im Wald, da wo sie hin gehören! Gehen wir im Wald spazieren, werden wir dort kaum Wildschweine sehen. Sie sind sehr vorsichtig, ja sogar heimlich in ihrem Territorium.

Anfang der 80er-Jahre machte Heinz Meynhardt uns mit seinen Studien bei den Wildschweinen im Wald bekannt. Er war, wie er selbst sagte: "Wildschwein ehrenhalber". Humorig und mit Sachkenntnis schilderte er in seinem Vortrag, wie es dazu kam, dass er sich in einer "Schwarzkittel-Rotte" völlig gleichberechtigt bewegen konnte. Er studierte wie es zu den Rangordnungen kam, wie sie von der stärksten Sau geregelt wurde. Wie die Tiere sich putzen oder sich in der Suhle erfrischen. Der größte Beweis, dass er "Anerkannter" war zeigte, dass er sich zwischen die ruhenden Sauen legen konnte und dann auch sofort von einer Bache ebenfalls geputzt wurde, so wie sich die anderen gegenseitig putzen. Er konnte aus seinen Beobachtungen heraus sagen, dass eine Rotte in ihrem Revier meistens sehr standorttreu ist.

Hier in unserem Wald, wird man kaum einen Schwarzkittel sehen. Selten wird man ein warnendes Grunzen hören, während das Tier im Dickicht verschwindet. Riechen kann man sie eher. Jetzt, je nach Witterung, Ende Februar oder im März, frischen die Bachen. In diesem kurzen Zeitraum werden alle Bachen in ihrenWurfkesseln ihre Frischlinge gebären. Versteckt im Geäst und trockenem Farn, dem Wurfkessel, dicht aneinander gekuschelt, liegen die kleinen, hellbraun gestreiften Frischlinge.Im Familienverband werden sie später geführt und beschützt.

Ganz aktuell sind Wildschweine in Gärten, in der Nähe des Ludwigshöhe Weges, doch wieder durch die Zäune eingedrungen. Das habe ich schon vor Jahren aus dieser Gegend ebenso erfahren. Ich vermute die Hege ist dort nicht ausreichend. Schade dass es dazu kommen musste!

Trotzdem sind die Schwarzkittel eine Bereicherung in unserer Landschaft.