Mahnwache am Stein des Friedens

von Hans Zinnow

Trotz Nieselregens kamen mehr als 20 Müggelheimer zum "Stein des Friedens". Wie in den vergangenen zehn Jahren fand dort am Bußtag eine Mahnwache statt. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat anlässlich der Ökumenischen Friedensdekade das Thema "solidarisch?" festgelegt. Zu der Veranstaltung in Müggelheim kamen Christen, Vertreter der Parteien Die Linke und der SPD sowie parteilose Einwohner. Die Frage stellt sich: Mit wem sollen wir solidarisch sein und mit wem lieber nicht?

Vor zehn Jahren waren die Deutschen nicht solidarisch, als es darum ging, zusammen mit den USA in den Irak einzumarschieren. Ein Glück, denn die vermeintlichen Beweise für die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen waren gefälscht. In Afghanistan war Deutschland solidarisch. Was ist daraus geworden? Unverrichteter Dinge ziehen nun die Truppen ab und hinterlassen ungelöste Probleme. Inzwischen findet Krieg in Syrien statt. Hier ist die Weltgemeinschaft ratlos. Nur die Waffenlieferanten sind solidarisch.

Wie können wir solidarisch sein, wenn bereits die Naturkatastrophen auf den Philippinen und in Italien die vorhergehenden Meldungen in den Schatten stellen? Hinzu kommen die tragischen Ereignisse von Menschen aus Afrika. Sie flüchten auf ausgemusterten Schiffen. Zu gleicher Zeit, so berichten die Medien, nimmt die Zahl der Luxus-Reisenden auf Kreuzfahrtschiffen zu.

Die politischen Ereignisse der jüngsten Zeit sind beunruhigend. Der höchste Repräsentant der EKD, Präses Schneider, war mit einem katholischen Partner in einem Flüchtlingslager in Jordanien. Er sagte danach: Man muss das Elend gerochen, den Schmutz gesehen und in die Augen der Verzweifelten geblickt haben, um eine Vorstellung vom Elend zu bekommen.

Norbert Gustmann von der Partei der Linken erinnerte an eine Rede des Schriftstellers Stefan Heym vor dem Deutschen Bundestag. Er sagte sinngemäß, dass Solidarität im aktiven, freiwilligen und letztlich auch politischen Einstehen für andere geschieht. Schwache und Erniedrigte, die sich in unverschuldeter Not befinden, können nur durch solidarische Hilfe überleben. Ganz aktuell sind diese Aussagen an vielen Stellen in Deutschland und nicht zuletzt in Berlin bei dem teilweise unwürdigen Umgang mit den Flüchtlingen. Hier ist unser Engagement gefragt. Um Veränderungen zu erreichen, bei uns und in der ganzen Welt, bleibt viel zu tun und deshalb können wir als Linke die Mahnung der Ökumene zur diesjährigen Friedensdekade – wirklich solidarisch zu sein und überall dafür einzutreten - nur unterstützen.

Sabine Bock von der SPD sagte: Als Christin vertrete ich die Meinung, dass der Frieden einen Boden braucht, auf dem er gedeihen kann: gerechte und solidarische Lebensstrukturen, verbunden mit einer Kultur der Toleranz und der gegenseitigen Verantwortung. Sie informierte darüber, dass wir in den nächsten Tagen im Allende-Viertel (Treptow-Köpenick) Asylsuchende aus dem Kriegsgebiet Syrien aufnehmen werden. Jetzt ist es an uns, diese Menschen willkommen zu heißen. Es ist wichtig, dass wir ihnen respektvoll und tolerant begegnen.

Pfarrerin Schwedusch-Bishara gab am Stein des Friedens zu bedenken: Solidarisch? Ein deutliches Fragezeichen steht hinter dem Motto. Je länger ich nachdenke, umso mehr Fragezeichen tauchen auf. Christlicher Glaube sieht die ganze Schöpfung in einem solidarischen Zusammenhang. Wenn ich mit andern solidarisch werden will, muss ich da nicht loslassen und verzichten können? Verzicht auf angestammte Rechte und Privilegien? Auch verzichten auf einen Teil meines Wohlstands? Der Buß- und Bettag fordert auf, sich in Frage stellen zu lassen, weil darin der Beginn liegt, von falschen Wegen umzukehren.

Im Anschluss an die Mahnwache fand eine Andacht in der Kirche statt, in der Pfarrerin Schwedusch-Bishara deutlich machte, dass Jesus nicht nur von der Liebe zum Nächsten gepredigt, sondern solidarisch gehandelt hat. Er hat nicht allen helfen können. Auch wir können das nicht. Aber dort, wo es möglich ist, soll es geschehen.

Darum wurden die Worte von Albert Schweizer zitiert, die auf dem Stein des Friedens zu lesen sind: "Das Wenige, das du tun kannst, ist viel."

Die vollständigen Texte, die am Stein des Friedens gesprochen wurden, sind in Form einer Broschüre kostenlos zu bekommen. Bestellungen an Pfarrerin Schwedusch-Bishara mit Name und Anschrift einlegen in den Briefkasten der Kirchengemeinde an der Kirche in Müggelheim oder per E-Mail senden an: kg-mueggelheim@gmx.de