Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius

Wunderwerk der Technik – zu allen Zeiten hat der Fortschritt die Menschheit fasziniert, geängstigt und teils auch zu Bösem verleitet. Auch ich stehe immer wieder fasziniert da und staune vor allem über die vielseitigen Möglichkeiten der neuen Medien. Und die rasante Entwicklung – immer schneller, immer besser.

Doch der Teufel steckt im Detail. Nicht alles was neu und modern ist, ist auch gut. Denn beispielsweise die permanente Erreichbarkeit ist für viele Menschen inzwischen zu einer psychischen Belastung geworden. Da ruft der Chef zu jeder Tages- und Nachtzeit an, dienstliche Mails werden auch am Wochenende und sogar im Urlaub gecheckt – und beantwortet. Ein Abschalten ist kaum noch möglich. Bei vielen Menschen führt das inzwischen zu einem Dauerstress, Burnout – das innerliche Ausgebranntsein – greift immer mehr um sich. Wer sich da nicht selbst diszipliniert und Freizeit auch mal wirklich Freizeit sein lässt, kann da schnell Probleme bekommen. Egal wo man ist: Das Smartphone ist immer dabei. Da wird gepostet, wo man ist, da werden Fotos gemacht, da wird gecheckt, wo andere gerade sind. Es hat etwas Exhibitionistisches an sich, wenn jeder alles postet und der Welt mitteilt. Was interessiert mich die Bulette, die jemand abends gerne isst. Warum sollte ich meinen Liebeskummer Gott und der Welt kundtun?

Und ganz ehrlich, bei einem Rendezvous oder einem Date, wie man ja heute unromantisch zu sagen pflegt, kann ein Handy ganz schön störend sein. Und beim Schäferstündchen erst recht... Aber manche gehen ja mit diesen Dingern sogar ins Bett.

Positiv hingegen sind die Möglichkeiten der weltweiten schnellen Kontaktaufnahme. Bei meinen Auslandsreisen als Jugendliche musste ich Karten schreiben, die wochenlang unterwegs waren, bis meine Eltern wussten, dass ich gut angekommen bin. Oder ich habe für teures Geld ab und zu mal angerufen. In Notfällen gab es noch das gute alte Telegramm für ein Vermögen... Heute schreibt man kurz eine SMS vom Handy, geht schnell ins Internet – häufig auch das mit dem Handy - um eine email zu schreiben oder bei Facebook zu posten. Selbst telefonieren ist heutzutage weitaus billiger, als noch vor 30 Jahren... Das hilft doch beispielsweise besorgten Eltern etwas ruhiger zu schlafen. Aber auch hier wieder eine Schattenseite: Haben die Kinder dann noch dieses Gefühl der totalen Freiheit, den Geruch des Abenteuers, wenn sie permanent erreichbar, ja sogar überwachbar sind? Wahrscheinlich liegt die Lösung wieder irgendwo in der Mitte, wie bei allem im Leben. Nichts ist nur gut oder nur schlecht, wenn ich das richtige Maß der Verhältnismäßigkeit wähle.

Ein anderer positiver Effekt der neuen Medien ist es, sich selbst schnell zu helfen. Wenn man sich beispielsweise, wie uns bei unserer sommerlichen Radtour passiert, heillos verfährt, kann einen das Handy problemlos wieder auf den richtigen Weg führen. Man findet auch in der Nähe gelegene freie Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants, Tankstellen oder Werkstätten. Was man halt gerade so braucht.

Fakt ist aber, dass die Schnelligkeit der technischen Entwicklungen so zugenommen hat, dass man kaum noch Schritt halten kann. Kein Wunder, das gerade ältere Menschen damit heute überfordert sind. So wie wir heute staunen, staunten sie damals, als Fernseher und Telefon eingeführt wurden. Ihr Pensum an technischen Erneuerungen ist damit erreicht – mal sehen, wann es bei uns so weit ist. Ich denke noch amüsiert daran zurück, als meine Schwiegermutter das erste Mal ein Fax senden sollte und dachte, ich würde dafür den Text ins Telefon tippen...