Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius

Am 22. September wird gewählt. Das ist unschwer an dem zurzeit bunten, fast zugemüllten Stadtbild zu sehen. Kein Laternenmast, an dem nicht mindestens ein Wahlplakat hängt. Große Transparente stehen auf neu geschaffenen Werbetafeln auf den Mittelstreifen und blockieren die Sicht. Besonders krass sieht es derzeit auf und vor der Langen Brücke aus… Aber helfen die Plakate und Transparente, die Wurfsendungen und Infostände auch? Die Wahlbeteiligung ist seit Jahren rückläufig, die Politikverdrossenheit bei den meisten Menschen sehr hoch und die Ratlosigkeit, welche Partei man eigentlich wählen soll, groß.

Helfen da Plakate mit Slogans wie "Privat vor Staat", "Im Alter nicht leer ausgehen", "Genug gelabert","Big Brother is watching you" oder "Meine Mudda wird Chef"? Der Kreativität der Plakate sind Grenzen gesetzt. Auch meint man teilweise, auf Inhalte wird auch kein großer Wert gelegt. Doch manchmal entdeckt man sie, in kurzen Schlagsätzen, die dann zum selber denken animieren sollen.

Am 2. September habe ich mir mal den Spaß gemacht und das TV-Duell zwischen Merkel und Steinbrück angeschaut. Spannend ist anders. Und große Unterschiede wurden auch nicht herausgearbeitet. Vorsichtig belauerten sich die beiden Kanzlerkandidaten und bemühten sich, nur keinen Fehler zu machen, sich nicht zu nahe zu treten. Man weiß ja nie, ob man nach der Wahl vielleicht doch in einem Boot sitzen muss. Obwohl: Herr Steinbrück lehnte ja in dem TV-Duell eine große Koalition vehement ab... Das wird der erste Punkt sein, an dem wir seine Glaubwürdigkeit messen können werden. Der nächste, eine rot-rot-grüne Koalition. Denn auch die lehnt er ab. Gregor Gysi kontert gleich, dass keiner damit rechnen dürfe, von den Linken toleriert zu werden – entweder Koalition oder Opposition. Und Frau Merkel: Guckt wie eine Mutti auf ihre Schäfchen, verweist immer wieder auf die große Koalition vor 8 Jahren und gibt nicht viel Neues preis. Ich für meinen Teil bin nach dem Duell nicht schlauer als zuvor. Und damit stehe ich nicht alleine da. Das Gros der immerhin 17,6 Millionen Zuschauer sieht die beiden Kontrahenten eher unentschieden. Allerdings nur, wenn man keine SPD- oder CDU-Anhänger befragt. Die sahen natürlich ihren jeweiligen Kandidaten als Sieger aus dem Duell hervorgehen.

Ist es ein Hoffnungsschimmer, dass sich mehr Menschen die Sendung anguckten, als noch vor vier Jahren? Heißt das, dass sich wieder mehr Leute für Politik interessieren? Wir werden es am 22. September unter anderem an der Wahlbeteiligung sehen. Ich für meinen Teil werden auf jeden Fall wählen gehen und eine gültige Stimme abgeben. Denn Wählen gehen ist demokratisches Grundrecht. Und dieses Grundrecht sollte man nicht verspielen. Auch wenn man ratlos ist, welche Partei man wählen soll, ist Nicht-Wählen gehen keine Alternative.

Ich habe noch zwei Wochen Zeit - Zeit die ich nutzen kann, um mich mit Wahlprogrammen zu beschäftigen (zumindest der Parteien, die in Frage kommen, meine Stimme zu bekommen). Ich kann zu Infoständen gehen, die auch in Müggelheim samstags gut vertreten sind oder mir auch einen Überblick mit unserer Kandidatenbefragung verschaffen. Nutzen auch Sie die Zeit und suchen Sie Ihren Vertrauenspartner - denn wenn keiner mehr zur Wahl geht, ist es mit der Demokratie bald vorbei.