Serie für den Natur- und Gartenfreund

Sommergedanken

von Marianne Schäfer

Ich genieße die sommerliche Ruhezeit im Garten und denke an nichts. Sonntags ist's, kein Flugzeug donnert über mir in Richtung Schönefeld. Es ist, wie man es sich wünscht, einfach friedlich. Die Augen nehmen Dinge wahr, die um mich herum geschehen. Wie bewegt sich eine Schnirkelschnecke, wenn sie senkrecht einen langen, geraden Pflanzenstiel abwärts kriecht? Tatsächlich, sie trägt ihr Haus souverän auf dem Rücken. Vögel zwitschern in den Zweigen. Gerade hat ein Rotkehlchen eine blaue Beere vom Mahonienbusch gezupft. An einer schon verblühten Stockrose turnen Feuerwanzen herum. Hübsche Rot-Schwarz gemusterte Käferchen. In der hohen Fichte im Nachbargarten krächzt hoch oben im Geäst, eine junge Krähe. Gerade wird sie gefüttert. Ein Buntspecht ruft kurz: Pick-Pick.

Ich sitze bequem im Gartenstuhl und sehe immer wieder zu dem Strauchbasilikum, welcher mit seinen blaurot geäderten Blättern und den langen Blütenschwänzen in der Nähe von mir steht. Den ganzen Sommer war er eine Zierde und wurde dabei von vielen, verschiedenen Insekten besucht. Kohlweißlinge, Schwebfliegen, Wildbienen und auch Hummeln fliegen gerne die kleinen, hellvioletten Blütchen an. Keine Honigbiene und auch von den verschiedenen Hummelarten kommen meistens nur die kleinen, grauen Erdhummeln. Während ich das alles bewusst wahrnehme, habe ich plötzlich einen Gedanken. Ich beende meine Ruhepause. Da war doch neulich die Zeitschrift von Greenpeace im Kasten. Richtig. Auf der Titelseite war eine tote Hummel abgebildet. Der Text darunter lautete: Das Summen verstummt! Wie schrecklich! Nun wird es mir klar, bei meinen Beobachtungen am Basilikum. Es fehlten die Honigbienen und die großen Hummeln mit ihrem Schwarz-Orange-Weiß gestreiften Haarpelzchen. Ist das nur heute so?

Ich lese in der Greenpeace-Zeitschrift: Spritzmittel töten nicht nur so genannte Schädlinge, sondern auch die sehr nützlichen Insekten. Erstaunlich ist das Resümee: Jeder dritte Bissen den wir zu uns nehmen, ist nur vorhanden, wenn die Bienen die Nutzpflanzen bestäuben. Zum Beispiel die Obstfrüchte, die Feldfrüchte wie Getreide, Raps, Lein, aber auch die Gemüsepflanzen. Man denke an Bohnen, Erbsen, Nüsse, Gewürze und so weiter. Die fleißigen Tiere sind die wichtigsten Verbündeten der Bauern. Und gerade die Bauern praktizieren massenhaft den Einsatz von Pestiziden! Vergessen ist die Jahrhunderte alte Tradition, heute zählt nur der Moment, in dem Geld in die Kasse kommt.

Man hat sogar studiert, wie die Bienen sterben! Die Wirkung des Giftcocktails setzt schleichen ein. Die Tiere werden orientierungslos. Taumelnd landen sie irgendwo und sterben. Das Massensterben hat genau genommen verschiedene Gründe:

  1. Bei dem hohen Anteil an Mono-Feld-Kulturen leiden die Bienen an Hunger, wenn die Blüte von Raps oder von Luzerne vorbei ist.
  2. Der totale Einsatz von chemisch-synthetischen Giften.
  3. Die schwer zu bekämpfende Varroa-Milbe in der Beute. (Bienenbehausung)
  4. Verschiedene Krankheiten der Honigbienen.

Weltweit hat die Bestäubungsleistung der Bienen einen hohen Milliarden Wert! Die Imker bemühen sich, um ihre Bienen gesund und leistungsfähig zu halten. Es muss unbedingt, die von der chemischen Industrie-BASF forcierte Vergiftung der Nutztiere und der gesamten Natur verhindert werden. Das betrifft auch die verschiedenen Hummelarten und darüber hinaus auch noch andere Insekten und Feldtiere, welche einen qualvollen Tot erleiden, oder schon am Aussterben sind. Auch die Klima Veränderung trägt zu einem leicht abgewandelten Lebenszyklus der Bienen bei, weil die Ruhezeiten sich zum Teil verkürzen. Außerdem verändern sich auch die Blühzeiträume der Nutzpflanzen.

Hoffnungsvoll ist die Nachricht, dass einige begonnen haben, mit Bienen aus Afrika zu züchten. Auch Imker in England züchten mit einer robusten Bienenart. Blühende Wiesen und blühende Gärten werden auf unserem Land immer seltener. Wenn dann noch die Obstbaumblüte vorbei ist, hungern die Bienen. Dann müssen die Imker die Bienen mit Zuckerwasser füttern. Das gab es noch nicht.

Einen Ausweg fanden verschiedene Imker, indem sie in die Städte mit ihren Bienen zogen. In Stadtparks, auf Balkonen und Dachgärten stehen mehr Blumen als auf dem Land. Das rasant fortschreitende zivilisatorische Wachstum unserer Lebensräume ist die Ursache für das weltweite Artensterben. Das Bienengesumm und das gemütliche Brummen der Hummeln wird uns zunehmend fehlen. Wo sind die vielen Käferarten, wie der Hirschkäfer, der Walker, der Nashornkäfer, der Puppenräuber? Immer mehr der Besonderen, schönen Schmetterlingsarten fehlen in unserer sommerlichen Natur. Wer kann sich noch an die Zeit erinnern, als es abends noch die entzückenden, kleinen Glühwürmchen zu sehen gab?

Wir wollen hoffen, dass wenn unser Wald mit prächtigen Laubbäumen und urigen Eichen wieder zu einem "Urwald" gewachsen ist, dass sich dann alle einst hier heimischen Insekten, Vögel und alle Wildtiere wieder hier heimisch fühlen. Aber wie werden sie sich erschrecken, wenn dauernd schnelle Autos durch die Straßen sausen und permanent Flugzeuge über unseren Wald, über die Wiesen brummen und wir nicht mehr unseren Ort von "Damals" wieder erkennen?