Geschichten aus dem Müggelwald

Der Winterschlaf steht vor der Tür

von Ingrid Zweiniger

"Hallo Mama, wo bist du? Wir brauchen dich, wir haben Hunger." Die Igelbabys liefen durch den Garten. Sie waren noch ganz klein. "Was sollen wir denn nur machen? Mama, warum versteckst du dich? Wenn du uns nicht mehr haben willst, dann müssen wir sterben, oder?"

Der Herbst war im Müggelwald angekommen. Es fing an schön bunt zu werden. Die Blätter an den Bäumen tauschten ihre grüne Farbe gegen rot und gelb. So ein bunter Laubbaum sah wunderschön aus. Und da die Bäume ihre Blätter nicht mehr haben wollten, warfen sie sie einfach auf die Erde. Und durch diese raschelnden bunten Blätter krabbelten die Igelbabys auf der Suche nach ihrer Mama.

Fritzi, die kleine Katze, machte gerade einen Spaziergang durch die Gärten der Welt als sie dieses Geraschel hörte. Sie versteckte sich hinter einem Baum und beobachtete diese komischen Tiere. Sie hatte diese Tiere noch nie gesehen. "Irgendwie sehen die niedlich aus. Ich gehe jetzt hin und streichle sie einfach. Vielleicht kann ich Freundschaft mit ihnen schließen."

Aber daraus wurde nicht, denn als Fritzi ihr Pfötchen auf die Igel legte, bekam sie solch einen Schreck, dass sie blitzschnell nach Hause rannte. Sie weinte und schrie: "Trabbi, Trabbi, du musst mir helfen. Mein Pfötchen blutet. Ich wollte ein Tier streicheln und habe in ein Nagelkissen oder eine Reißzweckenschachtel gefasst. Das hat so gepiekt und weh getan. Und jetzt blutet es auch noch."

Trabbi tröstete sein Kätzchen, als es zu Hause angekommen war. Er leckte ihr Pfötchen ab. Als Fritzi sich beruhigt hatte, nahm Trabbi sie mit auf seine Kuscheldecke. "So mein Kätzchen, jetzt werde ich dich schlau machen. Aber erst sagst du mir, wo du warst."

"Ich habe einen Spaziergang gemacht und habe in einem Garten drei niedliche Tiere gestreichelt und mich dabei verletzt. Wie geht denn so etwas? Wenn du mich streichelst, dann blutet doch deine Pfote auch nicht. Was sind denn das für komische Tiere?"

"Bevor ich mit dir spreche, laufe ich erst mal schnell in diesen Garten. Ich muss mir das ansehen und mit Mimi und Lucky sprechen. Die wissen Bescheid." "Wer sind denn nun schon wieder Mimi und Lucky?", fragte Fritzi. "Na Mimi und Lucky sind die Katzen, die auf dem Grundstück wohnen. Kennst du die nicht?"

"Nein, kenne ich nicht", sagte Fritzi, "ich kann ja gar nicht alle Tiere aus dem Müggelwald kennen, so wie du Trabbi. Nun laufe los und beeile dich. Ich warte hier auf deiner Kuscheldecke." Trabbi machte sich auf den Weg und als er nach langer, langer Zeit wieder in seinem Garten angekommen war, hatte er Fritzi sehr viel zu erzählen.

"So Fritzi, nun geht es los. Du wirst sehr viel lernen, wenn du mir gut zuhörst. Also diese kleinen, stacheligen Tiere heißen Igel. Das Frauchen von Mimi und Lucky hat die drei kleinen Biester vor ein paar Wochen in ihrem Garten gefunden. Sie rannten dort herum und hatten keine Mama. Keiner weiß wo sie ist. Also hat sich das Frauchen um die kleinen Igel gekümmert. Und das ist eine schwere, aber auch schöne Arbeit. Unser Frauchen hat so etwas auch schon mal gemacht." "Erzähle, erzähle Trabbi. Ich bin so gespannt, wie das weiter geht.""Ich bin schon dabei Fritzi, sei nicht so ungeduldig. Wichtig ist, dass man wissen muss, dass Igel zu den Tieren gehören, die Winterschlaf machen." "Trabbi, ich schlafe doch im Winter auch und bin eine Katze. Wie geht denn das?"

"Du hast keine Ahnung. Winterschlaf heißt, es wird Tag und Nacht geschlafen und das bis zum Frühjahr. Die Igel verkriechen sich in Laubhaufen oder in anderen warmen Naturecken im Wald oder im Garten. Aber das Wichtigste ist, dass die Igel genug gefressen haben, bevor sie in den Winterschlaf gehen. Das heißt, sie müssen wenigstens 500 Gramm wiegen. Und deshalb hat das Frauchen von Mimi und Lucky die Igel jeden Tag auf die Waage gelegt um zu sehen, ob sie dick genug sind für den Winterschlaf."

"Und was haben die gefressen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frauchen in ihrem Garten nach Würmern gebuddelt hat", fragte Fritzi. "Nein, das hat sie nicht. Aber die Igel fressen dein Futter, also Katzenfutter. Sie fressen gekochtes Schabefleisch, sie fressen Mehlwürmer und auch Haferflocken und gekochte Eier. Und sie trinken Wasser. Und was auch wichtig ist, sie wohnen bis zum Winterschlaf in einem Holzhäuschen, das in einer großen Kiste steht. Und darin ist Laub, Stroh und Papier. Paier haben sie sehr gerne, weil es so schön raschelt. Und die große Kiste steht in einem kleinen Gewächshaus. Und manchmal, lässt Frauchen die Igel auch ein bisschen im Garten herumlaufen. Das war genau der Moment, in dem du sie gesehen hats. Wenn sie in ein paar Wochen in den Winterschlaf gehen, dann können sie mit ihrer Kiste in einen Keller oder Schuppen ziehen. Es darf aber nicht zu kalt sein, sonst erfrieren die Igelkinder und das wollen wir doch nicht, oder?"

"Nein, das wollen wir nicht. Und danke Trabbi, das war prima, was du mir erzählt hast. Ich gehe im Frühjahr wieder zu ihnen und streichle sie wieder. Hahaha, war ein Scherz."