30 Jahre Umweltkreis Müggelheim

Von Horst König

Im Herbst des vorigen Jahres konnte der Umweltkreis in der Kirchengemeinde Müggelheim auf sein 30-jähriges Bestehen zurückblicken. Angeregt durch den Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung fand sich 1987 auf Initiative von Pfarrer Siegfried Menthel eine kleine Gruppe zusammen, die hier vor Ort diese Anliegen unterstützen wollte. Daraus ging der Umweltkreis hervor, und es gibt ihn bis heute. Das wurde – wegen des Lutherjahres etwas verspätet – am Freitag, den 13. April mit jetzigen und ehemaligen Mitwirkenden und vielen Gästen gefeiert.
Die Feier begann mit einer Andacht mit Pfarrerin Anke Schwedusch-Bishara in der Müggelheimer Kirche. Die Worte der Pfarrerin haben die Existenz und das Wirken des Umweltkreises als einen kleinen Baustein in einem weitaus größeren Zusammenhang gesehen und gewürdigt. Dafür sind wir ihr sehr dankbar und geben deshalb ihre Ausführungen im Folgenden weitgehend wieder. Ein Bericht über das Wirken des Umweltkreises, wie er im Verlauf der Feier im Dorfklub gegeben wurde, bleibt einem nachfolgenden Beitrag vorbehalten.
Die Pfarrerinsagte in ihrer Andacht einleitend: „Eine lange Zeit in Frieden und Wohlstand – aber wenn man genau hinschaut, dann kann man sehen: Wohlstand gibt es längst nicht für alle. Und seine verheerenden Folgen werden mehr und mehr spürbar. Irgendwie braut sich Unheil zusammen für das Land“. Und dann führte sie weiter aus: „Was klingt wie eine Beschreibung aus unseren Tagen, war die Situation der Landsleute von Jesaja, dem Propheten vor mehr als zweieinhalbtausend Jahren. Dieser Jesaja hat mit wachen Augen gesehen, was vor sich ging.
Er war ein Gottesmann und deshalb hat er es geahnt: Wenn wir so weitermachen, dann gibt es eine Katastrophe. Jesaja hat den Wohlstand und die Eitelkeit der führenden Schichten gesehen. Er hat gesehen, wie die Armen immer ärmer geworden sind und niemand hat sich darum gekümmert. Und wie fruchtbares Land zur Wüste wird. Das alles hat ihm zu schaffen gemacht. Er hat gespürt, dass darauf kein Segen liegt, wie die Leute sich verhalten haben. Das war gegen Gottes Willen.
Und dann hat er eine Vision. Jesaja sieht Gott selbst auf seinem himmlischen Thron. Er sucht einen Boten. Einen, der den Leuten sagt, wie es aussieht. Was sich ändern müsste. Und was kommen wird, wenn sich nichts ändert.
Er erzählt von seiner Vision:
Dann hörte ich, wie der Herr sagte: »Wen soll ich senden? Wer ist bereit, unser Bote zu sein?«
Ich antwortete: »Ich bin bereit, sende mich!«
Da sagte er: »Geh und sag zu diesem Volk: ‚Hört nur zu, ihr versteht doch nichts; seht hin, so viel ihr wollt, ihr erkennt doch nichts!‘
Rede zu ihnen, damit ihre Herzen verstockt werden, ihre Ohren verschlossen und ihre Augen verklebt, sodass sie mit ihren Augen nicht sehen, mit ihren Ohren nicht hören und mit ihrem Verstand nicht erkennen.
Jesaja ist bereit, den Leuten die Wahrheit zu sagen. Vielleicht, dass sich doch noch etwas ändert. Sie umkehren. Hören und sehen, verstehen, was sie anrichten.
Aber diese Hoffnung nimmt ihm Gott. „Sie werden dir nicht zuhören“, sagt er. „Im Gegenteil. Wenn du den Leuten sagst, was anders werden müsste – dann werden sie starrköpfig und wütend und erst recht so weitermachen wie bisher.“ „Es geht uns doch gut!“ werden sie sagen, „wieso verlangt dieser Prediger, dass wir uns ändern?“
Jesaja, der Mann Gottes, hat es trotzdem getan. Warum? Vielleicht hat er gehofft, dass die Menschen sich ja doch wachrütteln lassen. Umdenken. Ihr Verhalten ändern. Und so hat er ihnen gesagt, was nicht so bleiben kann, wie es ist:
Sie vom Umweltkreis werden es bestimmt als Anmaßung zurückweisen, wenn ich Sie mit Jesaja oder anderen Propheten im Alten Testament vergleiche. Zu gewaltig der Vergleich! (der Konziliare Prozess hat sich jedoch von Anfang an in diese prophetische Tradition gestellt. „Kehrt um!“) Und doch haben sie etwas gemeinsam und können sicher so manche Gefühlslage nachvollziehen.
Jesaja und die anderen Propheten hatten einen Auftrag zu erfüllen, eine Warnung auszusprechen, eine Mahnung auszurichten. Oft an die Machthaber und Gewaltigen ihrer Zeit. … Manche wehrten sich verzweifelt dagegen, … aber sie taten es trotzdem!
Selbst wenn sie mit ihren Mahnungen und Warnungen Unheil abwehrten, Dank ernteten sie kaum. Oft wurden sie sogar bedroht, verspottet, im günstigsten Fall belächelt oder ignoriert.
Zumindest hier werden Sie sich mit ihnen brüderlich und schwesterlich verbunden fühlen.
Oft waren ihre Warnungen vergeblich. Die Machthaber wollten nicht ermahnt werden. Und die Menschen wollten ihre verkehrte und zerstörerische Lebensweise gar nicht ändern. Die Mahner und Rufer wurden für Spinner, Idealisten und Querulanten gehalten. Auch das kennen Sie, liebe Mitstreiter des Umweltkreises und andere vermutlich auch.
30 Jahre versuchen Sie, Ihre Mahnungen und Warnungen, Ihre berechtigte Kritik, konstruktive Vorschläge anzubringen. Ja Sie ernten manchmal sogar Lob dafür. Die Einwendungen gegen den Standort des BER wurden sogar preisgekrönt mit dem Ökumenischen Umweltpreis unserer Landeskirche. Und das Konzept zur Entwicklung einer ländlichen Siedlung am Rande einer Großstadt mit Fördergeldern bedacht.
Beides landete dann „im Papierkorb“! Blanker Hohn. Das wegzustecken ist schwer. Ja entmutigend. Aber Sie haben es dennoch nicht lassen können. Es brannte weiter in Ihnen, wie bei den Propheten.( …)
Auf dem Stein vor der Kirche steht Ihre felsenfeste Überzeugung: „Das Wenige, was du tun kannst, ist viel.“ Diese Worte von Albert Schweitzer mögen Sie weiterhin ermutigen und aufbauen.
Propheten wie Jesaja haben es nicht für Geld getan, kaum für Anerkennung. Sie fühlten sich von Gott beauftragt, von ihrem Gewissen gedrängt, es brannte in ihnen. Sie konnten nicht anders. Und so geht es vielen von Ihnen: Sie können nicht anders. Schon 30 Jahre lang. Oft mit Freude, manchmal mit Frust, meist mit viel Engagement und Sachkenntnis. (…) Die Menschen zur Zeit Jesajas haben weiter gemacht mit ihrem Lebensstil, gegen alle Vernunft. Und so kam es, wie es wohl kommen musste.
Seine Geschichte und seine Worte stehen in der Bibel, damit sie Menschen helfen können, nicht dieselben Fehler zu machen wie die Leute damals. Man kann aus der Geschichte lernen! Es kann auch anders ausgehen – Menschen können umkehren.  
Ich glaube, es ist gut, wenn wir ab und zu auf so einen Gottesmann aus der Vergangenheit und seine aktuelle Botschaft hören. Und wenn wir aktive Menschen unter uns haben, die darauf hinweisen, dass wir nicht einfach willkürlich und grenzenlos über die Schöpfung verfügen dürfen.
Wir heute, wir könnten uns noch ändern. Jesaja macht im Namen Gottes Mut, die Chance ergreifen, dass es gut ausgeht.
Lassen wir ihn noch einmal zu Wort kommen:
„Gott hat die Erde nicht geschaffen, dass sie leer sein soll, sondern sie bereitet, dass man auf ihr wohnen solle.“
So weit die Gedanken unserer Pfarrerin. Wir können nur staunen, wie ähnlich manches vor zweieinhalb Tausend Jahren dem schon war, was heute zu erleben ist.

Fast so alt wie der Umweltkreis selbst: das Logo mit Baum und Wasser, gehalten von schützenden Händen.