„Das Wenige was du tun kannst, ist viel”
Die Entstehung des Umweltkreises anlässlich seines 30jährigen Bestehens
Von Horst König
Die Feier zum 30-jährigen Bestehen des Umweltkreises (UWK) im April im Dorfklub bot auch Gelegenheit, über das Wirken des Umweltkreises zu berichten. Um die jetzigen Bemühungen des UWK ein wenig zu verstehen, ist vielleicht ein Rückblick auf seine Entwicklung nützlich. Es gibt kein festes Gründungsdatum; der UWK hat sich vielmehr aus der Situation von vor etwas mehr als 30 Jahren entwickelt. Es ging damals um den Konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, der Gestalt gewonnen hatte, da man vor den drängenden Problemen die Augen nicht mehr verschließen konnte. In der damaligen DDR fanden die Ökumenischen Versammlungen statt. Unsere Müggelheimer Gemeinde mit Pfarrer Menthel wollte und konnte da nicht abseitsstehen.
So fanden sich Menschen zusammen, die die Dokumente zur Kenntnis nahmen und Zuarbeiten leisten wollten. Diese Gruppe wählte den Bereich „Bewahrung der Schöpfung“ aus. Uns war bald klar, dass die Bewahrung der Schöpfung eines fortgesetzten Engagements bedarf. So wurde z.B. noch vor der Wende im Rahmen des Angerfestes eine Ausstellung in der Kirche gestaltet, die sich mit einigen damals aktuellen Umweltproblemen beschäftigte, aber auch Grundsätzliches zeigte, wie die Notwendigkeit einer „Kreislaufwirtschaft“. Es galt, Umweltbewusstsein zu wecken und zu stärken und Missstände zu verdeutlichen. So war aus einer Gruppe von Menschen, denen ein Eintreten für die Bewahrung der Schöpfung wichtig geworden war, der Umweltkreis entstanden. In der Wendezeit arbeitete der Umweltkreis dann mit verschiedenen Bürgerbewegungen zusammen, aber immer waren und sind seine Wurzeln in der Kirche.
Von Anfang an engagierte sich der Umweltkreis für den Erhalt Müggelheims als naturräumliche Siedlung im Bereich einer Großstadt. So wurden gemeinsam mit dem Büro „NaturhausArchitekten“ zehn Leitlinien für die weitere Entwicklung Müggelheims erarbeitet, die 1993 auch in der BVV beschlossen wurden. Schon 1992 wurde zur weiteren möglichen Entwicklung unseres Ortes eine Ausstellung in der Kirche gestaltet
Um ein Grundkonzept für die Ortsentwicklung ging es dem Umweltkreis auch beim Modellvorhaben des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (ExWoSt) in Zusammenarbeit mit dem Bezirk, dem Senat und dem Bund. In diesem Zusammenhang fanden zahlreiche Beratungen und Ortsbegehungen statt. Müggelheim sollte Modell für eine ländliche Siedlung am Rande einer Großstadt werden. Im September 1994 entstand in Zusammenhang mit dem Modellvorhaben der „Müggelheimer Bote“.
Wir waren damals zuversichtlich, dass sich Müggelheim auf einem guten Weg befindet, auch wenn nicht verschwiegen werden kann, dass die Zusammenarbeit mit der bezirklichen Verwaltung nicht immer problemlos war. Doch dann kam alles ganz anders; es kam 1996 der sogenannte Konsensbeschluss zum Ausbau Schönefelds zum Großflughafen. Die Folge waren einschneidende Entwicklungsbeschränkungen für Müggelheim. Trotzdem blieben Fragen der Ortsentwicklung weiterhin im Blick des Umweltkreises – im Zusammenwirken mit der Bürgervertretung, die als Müggelheimer Runder Tisch entstanden war und bald von Irene Kruschke geleitet wurde. Und natürlich im Zusammenspiel mit dem Heimatverein, der sich vor allem dem Dorfanger widmete.
Im Blickfeld des UWK ist weiterhin das Naturschutzgebiet „Krumme Laake Müggelheim“, es wurden mehrfach Ortsbegehungen mit Vertretern von Senat, Bezirk, Wasserbetrieben und Forsten durchgeführt. Daneben fanden mehrmals Waldwanderungen unter Führung von Revierförster George Majumder statt, der auch bereit war, in Vorträgen über die Bewirtschaftungsrichtlinien der Forsten zu berichten, um zu erläutern, dass das viele Menschen irritierende Aussehen unserer Wälder aus diesen Richtlinien zu erklären ist.
Im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt der Umweltkreis das Freilandlabor Kaniswall und die Heinz-Sielmann-Stiftung.
Erwähnenswert ist weiterhin: In Zusammenhang mit der jährlichen Friedensdekade im November haben wir im Jahr 2008 neben der Kirche einen Findling platziert, auf dem die Aufschrift „Frieden“ angebracht wurde und auf einer Tafel auf Anregung von Pfarrer Menthel ein Ausspruch von Albert Schweitzer: „Das Wenige, was du tun kannst, ist viel“. Das soll uns aufrichten, wenn uns gelegentlich der Mut verlassen will. Und wenn wir oftmals erleben müssen, dass wir wenig oder nichts erreichen, so soll man doch wenigstens zur Kenntnis nehmen, daß es uns gibt!
Alle Bemühungen des UWK werden seit langem vom Kampf gegen den Ausbau Schönefelds zum Großflughafen überlagert. Der Umweltkreis hatte eine umfangreiche Einwendung erarbeitet mit der Hauptaussage, dass der Standort falsch ist. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts von 2006 und 2011 hält der Umweltkreis insbesondere in Bezug auf die Standortwahl für falsch. So waren Mitstreiter des UWK an den zahlreichen Demonstrationen beteiligt. Die Zusammenarbeit mit dem BVBB, die lange Zeit recht eng war, gestaltete sich aufgrund persönlicher Ereignisse mit der Zeit problematisch. Von Anfang an arbeiten wir in der „Neuen Aktion“ mit, die als Grundübel den falschen Standort benennt. Alles Engagement zur Problematik von Nachtflug, Lärmschutz, Flugrouten bedeutet dagegen letztlich die Akzeptanz des falschen Standortes. Die Kontakte zur BVBB-Ortsgruppe und auch zur Bürgerinitiative Müggelheim sowie zum Bündnis Südost wurden jedoch im Rahmen des Möglichen gepflegt.
Zum Thema BER könnte noch vieles angeführt werden, das würde jedoch den Rahmen der Berichtes sprengen. Das Grundübel ist der falsche Standort. Und das hat leider – wie schon erwähnt – tiefgreifende Auswirkungen auf die Entwicklung unseres Ortes: Eine wesentliche Intention des ExWoSt-Verfahrens, Müggelheim zu einem bundesweiten Musterbeispiel für eine ländliche Siedlung an Rande einer Großstadt zu entwickeln, hat sich leider erledigt.
Für das am 30. Mai vorgesehene Gespräch mit dem Bezirksbürgermeister (nach Redaktionsschluss) haben wir als Frage aus Müggelheim formuliert: Wie kann seitens des Bezirks sichergestellt werden, dass Betroffene in Müggelheim bei Problemen der Ortsgestaltung und Bebauung rechtzeitig über größere Vorhaben informiert und auch dazu angehört werden, um zu sichern, dass sich die Vorhaben in Übereinstimmung mit den „10 Leitlinien zur künftigen Entwicklung der Ortslage Müggelheim“ von 1993/94 (BVV-Beschluss) befinden?
Neben allem nehmen wir uns auch zunehmend Zeit, um uns in Rückbesinnung auf unsere Entstehung mit grundlegenden gesellschaftlichen Fragen zu beschäftigen, von denen manche auch kontrovers diskutiert werden. Schon in den Dokumenten der Ökumenischen Versammlungen von 1989 ist zu lesen: „Überall, wo es um gemeinsame Angelegenheiten in einer Gesellschaft geht, ist ein freimütiger und ehrlicher Meinungsaustausch notwendig. Um diesen Meinungsaustausch durchführen zu können, sind Informationen unabdingbar.“ Weiter: „Es ist die Aufgabe…, sich um Informationen zu bemühen … Wenn gesellschaftliche Angebote für Information … existieren, sollten Interessierte sie prüfen…“ Wir stellen fest, dass diese Aussagen heute gleichermaßen aktuell wie damals sind. Ein freimütiger Meinungsaustausch ist auch heute – ohne gesellschaftliche Tabus zu verletzen – nur in gewissen Grenzen möglich. Gesellschaftlich vorgegebene Informationen lassen sich oft nur mühsam überprüfen, werden sogar gelegentlich unzutreffend als alternativlos bezeichnet. Einige Andeutungen müssen hier ausreichen: Es geht z.B. um den Umgang mit der Eurokrise und dem Eurorettungsschirm 2010. Weiter um Probleme mit der Energiewende von 2011, die lt. Aussage des Weltklimarates auf der Grundannahme beruht, dass die Klimaänderungen vorwiegend menschengemacht sind. Diese Aussage wird landläufig geglaubt, aber die Frage ist, wieweit sie wissenschaftlich gesichert ist. Probleme zur Diskussion also genug. Abschließend sollte erwähnt werden, dass die Treffen des UWK in einem 2. Teil auch immer dem persönlichen Gespräch dienen.
Der Umweltkreis ist keine feste und geschlossene Gruppe und ist auch nicht konfessionell gebunden, vielmehr haben sich im Laufe der zurückliegenden Jahre unterschiedliche Menschen in ihm zusammengefunden und ihn teilweise auch wieder verlassen. Der UWK braucht dringend weitere Mitstreiter. Wer sich für den Umweltkreis interessiert oder in ihm zukünftig mitarbeiten möchte, ist dazu herzlich eingeladen und möge sich bei Pfarrerin Schwedusch-Bishara oder direkt beim UWK melden (www.evangelische-kirchengemeinde-mueggelheim.de). .