Ein vergessenes Dorf?

Die Entwicklung Müggelheims ließ die Gemüter kochen

Von Simone Poch

Unter dem Thema „Wie weiter mit Müggelheim?“ fand am 13. November im Dorfklub eine öffentliche Diskussion statt, zu welcher der Ortsverband Köpenick der CDU eingeladen hatte. Die Einladung knüpfte an eine ähnliche Runde im April des vergangenen Jahres an, welche die Entfremdung zwischen Verwaltung und „Politik“ einerseits und Bürgern andererseits thematisierte. Basierend auf der Ortsteilkonferenz 2015 und dem daraus entwickelten „Bezirksregionenprofil Müggelheim“ wurden damals bereits Forderungen zur Beseitigung eklatanter Mängel in der Infrastruktur des Ortes gestellt. Geschehen ist seitdem nichts.
Im Gegenteil: Mit der Ansiedlung eines dritten Supermarkts am Ortseingang und mit der von der Bauverwaltung gebilligten Bebauung des ehemaligen Edeka-Geländes durch mehrgeschossige Wohngebäude wird der Charakter des als Flächendenkmal geschützten Dorfangers zerstört. Letzte verfügbare Flächen für eine Gestaltung des Ortes wurden mangels eigener städtebaulicher Konzepte den kommerziellen Interessen einiger Finanzinvestoren geopfert. Es fehlt nach wie vor ein geeignetes Gelände für den erforderlichen Neubau der Feuerwehr!
Die Verbitterung der zahlreichen Teilnehmer über gebrochene Versprechungen machte sich in einer teilweise sehr emotional geführten Debatte Luft: Wurde nach der Wiedereinigung versprochen, den Ort – auch mit EU-Mitteln – zu einer Mustersiedlung auszubauen, wurde der Ort nach dem unseligen Konsensbeschluss zum Bau des Großflughafens in Schönefeld wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen. Politische Debatten über einen Ausgleich der durch den Flugverkehr zu erwartenden Nachteile waren plötzlich nicht mehr opportun.
Die hitzige Debatte wurde damit unversehens zu einem Lehrstück in Sachen Demokratie: Die Wünsche und Vorstellung des einzelnen Bürgers können zwar in Demonstrationen hörbar gemacht werden; Entscheidungen werden aber in den parlamentarischen Gremien gefällt und hängen dort von den Mehrheitsverhältnissen ab. Wer darauf Einfluss nehmen will, muss sich engagieren, sonst entscheiden andere.
Beanstandet wurde, dass es an einer vorausschauenden Planung fehle, die den historischen Charakter des Ortes berücksichtige. Es herrscht der Eindruck, dass der Ort der allmählichen Verslumung anheimgegeben werde. Es werde nichts mehr investiert; die Straßen sind in einem verheerenden Zustand. Es gibt in diesem Ort mit fast 7000 Einwohnern nur zwei ausgebaute Straßen mit befestigten Gehwegen (Ludwigshöhe- bis Hornbacher Weg und Müggellandstraße, neu auch Odernheimer Straße). Alles andere entspricht nicht einem Ortsteil der Hauptstadt. Hier werde offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen, im Vergleich zu Ortsteilen im Westen der Stadt.
Brennpunkte der Kritik waren neben dem mangelhaften Ausbau der Straßen mit Gehwegen und einer angemessenen Beleuchtung auch das Fehlen geeigneter Räume für Veranstaltungen aller Art. Brisant ist das vor allem, nachdem dem Jugendklub am Alsenzer Weg durch den immer noch anonymen Investor, der das
Edeka-Gelände durch Wohnbebauung maximal ausnutzen möchte, gekündigt wurde.
Hinzu kamen die ebenfalls schon mehrfach angesprochenen Gefahrenpunkte im Verkehr wie die fehlende Verkehrssicherung am Friedhof, am Ludwigshöheweg und ein Übergang an der Kita Bienenhaus.
Die lange Liste der Kritikpunkte (einsehbar unter www.CDU-Köpenick.de) soll mit Nachdruck in die politischen Gremien eingebracht und nachverfolgt werden.
Die Frage, welche Möglichkeiten zur Eigeninitiativen die Bürger hätten, wie etwa die Begrünung der vernachlässigten Seitenstreifen der Straßen, das Anlegen von Gehwegplatten und Zufahrten zu den Grundstücken, kam angesichts der langen Mängelliste etwas zu kurz. Die Stadt, die zwar den Ort und seine Straßen vernachlässigt, achtet andererseits eifersüchtig darauf, dass ihr Eigentumsrecht am öffentlichen Straßenland nicht angetastet wird. Die Rechte der Grundstückseigentümer enden daher am Gartenzaun. Wird dann – wie zur Zeit an der Odernheimer Straße – etwas von der Stadt gemacht, erhalten die Eigentümer saftige Rechnungen für die Beseitigung von „illegalen“ Maßnahmen, die über Jahrzehnte die Nutzung der Grundstücke wegen des fehlenden Ausbaus der Straßen überhaupt erst nutzbar gemacht haben. Es wurde daher eine Ortssatzung gefordert, die es den Bürgern bis zum Vorliegen verbindlicher Ausbaupläne ohne Repressalien ermöglicht, das vernachlässigte öffentliche Straßenland zu gestalten.
Angeregt wurde die Aktivitäten der Bürger in einem Bürgerforum „Gemeinderat Müggelheim e.V.” zu bündeln, der die Nachbarschaftsprojekte koordiniert und dann auch die Verbindung zur Verwaltung sichert. Interessenten melden sich bitte beim Müggelheimer Boten: Wir bringen die Gründungsmitglieder zusammen.