Der Verkehr rollt schleppend
Kompetente Diskussion zur Verkehrsproblematik im Bezirk
Von Bernhard Jurisch
Jeder von uns ist damit konfrontiert. Nicht nur morgens oder abends im Berufsverkehr, sondern auch tagsüber: Überlastete Straßen, Staus, Fahren im Schritttempo über marode Brücken machen die Reise in die Innenstadt zu einem Zeit und Benzin verschwendenden und an den Nerven zehrenden Frusterlebnis. Durch die vielen Gewässer im Bezirk und die dadurch gebildete „Insellage“ ist ein Ausweichen nicht oder nur mit riesigen Umwegen möglich.
Über diese Situation und Lösungsmöglichkeiten diskutierte am 24. Oktober eine große Runde interessierter Bürger mit Fritz Niedergesäß bei einer Veranstaltung, zu der die CDU Köpenick in den Dorfklub eingeladen hatte. Niedergesäß, studierter Bauingenieur und Verkehrstechniker, der 16 Jahre Mitglied des Abgeordnetenhauses war, ist auch nach der Pensionierung noch immer engagierter Fachmann und Gesprächspartner der Bauverwaltungen von Bezirk und Senat. Er kennt die neuralgischen Punkte des Verkehrs und der Planung aus seiner beruflichen Tätigkeit zu DDR-Zeiten wie auch als Politiker. Die Liste von 22 Problemen der Infrastruktur unseres Bezirks, die er plastisch schilderte, erforderte einiges an Konzentration; traf aber auf ein ortskundiges und leidgeprüftes Publikum, so dass sich schnell eine lebendige Diskussion ergab. Von den erschreckend vielen kritischen Punkten können hier nur vier kurz geschildert werden, die von besonderer Dringlichkeit sind:
Ost-West-Umfahrung der Köpenicker Altstadt zur Entlastung der Bahnhofstraße
Es geht hier um eine Entlastung der Bahnhofstraße vom Durchgangsverkehr durch eine neue Querverbindung parallel zur Hämmerlingstraße entlang dem Union-Gelände. Niedergesäß legte überzeugend dar, dass die Verwaltung zu einem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens und dem Baubeginn für den 1. Bauabschnitt zwischen Straße an der Wuhlheide und Mahlsdorfer Straße gedrängt werden müsse, da die Voraussetzungen ausreichend geprüft wurden. Auch muss endlich mit der Planung des 2. Bauabschnitts vom Stellingdamm über S-Bahn und Brandenburgplatz bis zur Allendestraße begonnen werden. Das Projekt war bereits planfestgestellt, bis es von dem früheren Senator für Stadtentwicklung gestoppt wurde, weil dieser davon ausging, dass die Bevölkerung Berlins schrumpfen werde, so dass ein vierspuriger Ausbau nicht nötig sei. Seitdem wird neu geplant – und gestritten.
Weiterführung der Tangentialen Verbindung Ost (TVO)
Diese TVO besteht bereits im Süden als Spindlersfelder Straße und im Norden als Märkische Allee. Es fehlt jedoch noch immer die durch den Wald führende Verbindung zwischen diesen Teilstücken bis zur B1/B5, so dass große Umwege erforderlich sind und sich in der Straße An der Wuhlheide große Staus bilden. Trotz eines aufwendig „Formalisierten Abwägungs- und Rangordnungsverfahren“ (FAR) ist noch immer keine endgültige Auswahl zwischen den sechs diskutierten Streckenführungen getroffen worden.
Schleppende Sanierung der Langen Brücke
Diese Brücke ist die einzige Querung der Dahme, welche die östlichen Ortsteile, einschließlich des von Gosen über Müggelheim kommenden Durchgangsverkehr und vor allem dem stark wachsenden Wendenschloßviertel mit der Innenstadt verbindet. Die Brücke mit all ihren Notbehelfen ist in einem desolaten Zustand und ist zur Zeit nur mit einem „Tempo“ von 10 km/h zu befahren, so dass es in den Hauptverkehrszeiten zu kaum noch erträglichen Staus und Wartezeiten kommt. Da viele der früher aus dem Charakter der Dahme als Bundeswasserstraße herrührenden Hindernisse inzwischen entfallen sind, sollte der Senat dringend aufgefordert werden, einen Neubau der Brücke in Angriff zu nehmen, da der augenblickliche Zustand die Entwicklung Köpenicks stark hemmt.
Südliche Umfahrung Köpenicks (Wendenschloßviertel)
In diesem Zusammenhang wurde auch die von vielen erhobene Forderung nach einer weiteren Brücke über die Dahme diskutiert, welche den Verkehr vom Wendenschloßviertel in Richtung Adlergestell und Autobahn ableiten soll. Zur Zeit wird der ständig wachsende Verkehr auf der Wendenschloßstraße über die Müggelheimer Straße zur Langen Brücke geführt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass angesichts der vielen Großsiedlungen in diesem Gebiet, diese Streckenführung nicht beibehalten werden kann. Nicht nur für die Autofahrer, sondern vor allem auch die Anwohner der Wendenschloßstraße ist die Grenze des Zumutbaren infolge der Lärmbelästigung bereits in den frühen Morgenstunden und des dichten Verkehrs in der schmalen Straße schon seit langem überschritten.
Zu den Lösungsmöglichkeiten gab es jedoch unterschiedliche Meinungen bei den Teilnehmern. Es wird befürchtet, dass eine weiter südlich gelegene Brücke den Charakter des Viertels als ruhige Wohngegend zerstören würde, weil ja nicht nur Verkehr abgeleitet werden, sondern eine solche Verbindung auch von dem von der Autobahn kommenden Lkw-Verkehr als Abkürzung genutzt werden würde. Angesichts dieser Gefahren und auch der langen Planungs- und Bauzeit einer Brücke wäre vielleicht die von einem Teilnehmer vorgeschlagene Autofähre für Pkw eine erwägenswerte und auch kostengünstigere Alternative.
Die vielen anderen Punkte, die in der Veranstaltung diskutiert wurden, können im Rahmen eines Kurzberichts nicht dargestellt werden. Die Liste kann auf der Webseite des Ortsverbands (cdu-köpenick.de) eingesehen werden. Der Ortsverband wird sich mit dem Referenten bemühen, die angesprochenen und als vordringlich angesehenen Punkte in die Entscheidungsgremien einzubringen und über die Ergebnisse berichten.
Da Thema des Abends vor allem die Lage des Gesamtbezirks war, kamen die speziellen Probleme Müggelheims in der Diskussion zwangsläufig zu kurz. Auf diese soll aber in der nächsten Veranstaltung am 13. November, ebenfalls um 19 Uhr im Dorfklub, eingegangen werden. Dort soll es noch einmal speziell um die Entwicklung Müggelheims gehen.