Gedanken aus Müggelheim

Von Dr. Thomas Tunsch

Beim Angerfest in diesem Jahr erfreute sich die „offene Kirche“ wieder einmal großer Beliebtheit. Nicht nur Müggelheimer nutzen zu den Dorffesten –wie auch zu den Sommerkonzerten – die Gelegenheit, neben der „Alten Schule“ auch das Innere der Dorfkirche kennenzulernen oder sich einfach umzuschauen.
Wie jeder dem Aushang neben der Kirchentür entnehmen kann, sind dies aber die Ausnahmen der Öffnungszeiten. Im Russischen sagt man von einer Kirche, die ihrem eigentlichen Zweck entsprechend genutzt wird: „Die Kirche arbeitet“. Welch ein seltsamer Gegensatz zum deutschen Sprachgebrauch, denn wir sagen meist, dass Gottesdienste gefeiert werden … und natürlich wird vielen Müggelheimern dann sofort eine der Andachten am Heiligabend einfallen, wenn das kleine Kirchlein fast aus den Nähten platzt. Doch auch diese Stunden sind die Ausnahme, denn wer in Müggelheim weiß, was hier jeden Sonn- und Feiertag stattfindet?
Viele denken sich, das ist ja eine Angelegenheit der Gemeindemitglieder, damit habe ich nichts zu tun. Das ist ein Irrtum. Christliche Gottesdienste sind nämlich öffentlich und deshalb steht nicht nur vor jedem Gottesdienst die Kirchentür offen, sofern es das Wetter zulässt, sondern bereits eine halbe Stunde vor Beginn verkünden ebenfalls die Glocken ihre Nachricht, soweit sie zu hören sind. Wer möchte, kann also jederzeit kommen und vielfältige Gründe hierfür sind möglich: Neugier, kulturelles oder kulturhistorisches Interesse, die Suche nach Muße und Besinnung, Freude an der Orgelmusik oder noch etwas ganz anderes? So ist zum Beispiel in letzter Zeit oft von den christlich-abendländischen Traditionen die Rede, die es zu bewahren gelte. Vielleicht könnte es deshalb jemand für nützlich halten, sich über die zu diesen Traditionen gehörende Feier zu informieren, um sich eine Meinung zu bilden und an sich selbst zu erfahren, was vertraut oder fremd erscheint.
Was immer die Gründe sein mögen: jeden Sonn- und Feiertag besteht die Gelegenheit, sich einen Eindruck von der zwar nicht besonders zahlreichen aber lebendigen Müggelheimer Gemeinde bei ihren Gottesdiensten zu verschaffen. Wer sich einfach so verhält, daß die Teilnehmer des Gottesdienstes nicht gestört werden, kann nichts „falsch“ machen und muss keinerlei besondere Voraussetzungen erfüllen. Die etwa einstündige Feier wird entweder als Abendmahls- oder Wortgottesdienst gefeiert und folgt einem Ablauf, der sich in vielen Jahrhunderten entwickelt hat
Wer bis hierher gelesen hat, wird es bemerkt haben: Da möchte jemand Leute in die Kirche locken. Doch warum? Die Antwort ist einfach: Ich bin in Müggelheim aufgewachsen und halte seit 2015 Wortgottesdienste als Lektor. Die damit gewachsene Vertrautheit mit der Müggelheimer Kirche, der Gemeinde und dem, was im Gottesdienst geschieht, führt auch zu dem Wunsch, anderen Menschen davon mitzuteilen. In Gesprächen mit Gottesdienstbesuchern konnte ich erfahren, wie unterschiedlich die Beweggründe von Menschen sein können, die an einem Gottesdienst teilnehmen: das Nachdenken über die großen Fragen des Lebens und des Todes ebenso wie über Probleme menschlichen Miteinanders, Nachsinnen mit Abstand zum Alltag, Besinnlichkeit beim Singen und Zuhören, Umgang mit guten und schlechten Gefühlen in der Gegenwart der Gemeinde oder einfach in einer angenehmen Atmosphäre zur Ruhe zu kommen.
In diesem Sinne fühlen Sie sich doch einfach eingeladen, dabei zuzusehen, wie die Müggelheimer Dorfkirche „arbeitet“, wenn die Menschen in ihr Gottesdienst feiern.

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