Endoprothesen und Sport: Was ist möglich, was tabu?

Von Dr. Rolf Förster, Facharzt für Sportmedizin

Der operative Ersatz eines Hüft- oder Kniegelenkes, eines Schulter- oder Sprunggelenkes ist eines der großen Errungenschaften der Medizin. Allein in Deutschland werden jährlich knapp 170.000 primäre Knie-, etwa 230.000 Hüft- und über 10.000  Schulterprothesen implantiert. Die meisten Menschen werden dadurch wieder mobil, ihre zuvor eingeschränkte Lebensqualität nimmt zu. 

Viele der Patienten wollen aber nicht einfach nur schmerzfrei gehen können, sie wollen auch Sport treiben. Und sie sollen es auch, denn körperliche Aktivität steigert die muskuläre Leistungsfähigkeit und reduziert das kardiovaskuläre Risiko. Der Fortschritt bei der Implantat-Technik und beim Material macht das im Prinzip auch möglich, denn die modernen Kunstgelenke erzeugen bei Belastung deutlich weniger Abriebpartikel. Heute hält beispielsweise ein künstliches Hüftgelenk bei 90 Prozent der Patienten bis zu 20 Jahre. Viel Abrieb hatte bisher häufig zu Entzündungen mit Knochenabbau und damit Implantat-Lockerungen geführt. Viele Patienten haben sich deshalb eher zu wenig bewegt. 

Immerhin wirken beim normalen Gehen auf das endoprothetisch ersetzte Hüftgelenk Kräfte bis zum 2,5fachen des Körpergewichtes, beim Joggen beträgt der sogenannte Spitzenbelastungsfaktor etwa das fünffache und beim alpinen Skifahren sogar das achtfache des Körpergewichts. Alle Patienten, besonders aber die mit starkem Übergewicht, müssen deshalb über die Grenzen der Implantate unterrichtet sein! Was folgt nun daraus? Vor sportlichen Belastungen ist deshalb dringend zu empfehlen, dass eine Abstimmung mit einem diesbezüglich erfahrenen Arzt aber vor allem mit dem Operateur erfolgen sollte. Ein Kunstgelenk ist eben nur ein Ersatzgelenk und nie so gut wie ein gesundes natürliches Gelenk. Es sollten deshalb keine übertriebenen Erwartungen geschürt werden, und der Patient sollte eher „eingebremst“ werden. 

Basis dafür ist auch eine gute Kenntnis der sportartspezifischen Belastungen und deren Modifikationsmöglichkeiten. Maßhalten ist jedenfalls immer angesagt!Trotz der unstrittigen Fortschritte können die Empfehlungen nur lauten: Keine erheblich gelenkbelastende Sportarten wie Kraftsportarten, „Stopp and Go“ wie Tennis, dafür schonende zyklische Ausdauersportarten wie Schwimmen, Wandern, Radfahren, Skilanglauf, Rudern oder Golf ab drei, besser erst 5-6 Monate nach der Operation. Leistungssport mit künstlicher Hüfte wird weiterhin nicht empfohlen.

Sind höhere Belastungen geplant, etwa durch Skifahren, sollte dies auf jeden Fall individuell geklärt werden, da das die Haltbarkeit der Prothesen erheblich verkürzen könnte. Auch „alpines“ Radfahren mit vielen Höhenmetern oder Mountainbike- Touren müssen von allen Prothesenträger auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragt werden. Etwas Gnade braucht eben nicht nur die Wade!